So viele Gesichter und Qualitäten die Natur hat, hat auch die Beziehung zu Menschen ihre positiven und negativen Aspekte. Bei der Jugendführer-Vollversammlung der Alpenvereinsjugend ist beim Workshop „Riskio Beziehung“ von einer Arbeitsgruppe ein schönes Bild gezeichnet worden. Dabei wurde von den TeilnehmerInnen die Beziehung zwischen Menschen mit einer Skitour auf einen winterlichen Gipfel verglichen. Beziehung und Natur haben vieles gemein, und vor allem kann Beziehung in der Natur leichter statt finden. Doch dies ist ein anderes Thema.
Ich durfte diesen Workshop als Referent und Moderator begleiten.
Bei einer Skitour braucht es verschiedenste Fähigkeiten und Kompetenzen, um wieder sicher ins Tal zurückzukehren. So ist es auch bei einer Beziehung. Die Eigenschaften, die man an den Tag legen muss, um eine Beziehung zu gestalten, sind von vielfältiger Natur. Im folgenden die wichtigsten Punkte, die beim Workshop erarbeitet wurden. Sie stehen gleichermaßen für eine Skitour als auch für das Thema Beziehung.
Selbstsicherheit...
… brauchen wir um Entscheidungen zu treffen. Sind heute die Bedingungen die richtigen um den Gipfel zu besteigen? Um am Berg und im Leben zu bestehen braucht es die Selbstsicherheit. Haben wir diese Selbstsicherheit sind wir stark. Die Stärke gibt uns die Sicherheit, den Schwierigkeiten im Leben gelassen gegenüber zu treten.
Fazination ...
… so wie die Schönheit, die Herausforderung eines Gipfel den Bergsteiger fasziniert, so können uns auch Menschen in ihren Bann ziehen.
Motiviation ...
… um den anspruchsvollen Berg zu besteigen. Ich brauche die nötige Motivation um den beschwerlichen Weg zu beschreiten. Auch in der Beziehung muss ich mich immer wieder neu motivieren, um den Alltag, Krisen und Konflikte zu bewältigen. So wie der Aufstieg auf den Gipfel, brauche ich auch Kraft um eine Beziehung zu bewältigen. Und im Gegenzug, schaffe ich das Ziel, ziehe ich aus dem Erreichten wieder neue Kraft und Energie.
Vertrauen …
… ohne Vertrauen geht gar nichts. Das Vertrauen in den/die PartnerIn sind Grundvoraussetzung beim Weiterkommen. Bei Mangel an Vertrauen herrscht Stillstand. Eng mit dem Vertrauen hängt die Verantwortung zusammen. Wenn ich Vertrauen bekomme, muss ich gleichzeitig Verantwortung übernehmen. Bei der Skitour muss ich mich dem Erfahrensten anvertrauen und seinen Fähigkeiten vertrauen. Tue ich das nicht, werde ich nie einen Gipfel erreichen.
Mut ...
… ein Risiko einzugehen, Mut Entscheidungen zu treffen. Habe ich den Mut eine Person anzusprechen, gehe ich das Risiko ein, einen viele zitierten „Korb“ zu bekommen. Aber - es besteht die Möglichkeit eine Freundschaft oder Partnerschaft fürs Leben zu gewinnen. Ohne Mut zum Risiko wird das Lebens grau und am Ende steht die Einsamkeit.
Rücksicht …
… manchmal einen Schritt zurück machen, Rücksicht auf die Natur nehmen, auf den Mitmenschen. Sich selbst nicht zu ernst nehmen, sich nicht immer in den Mittelpunkt stellen, ist eine ernstzunehmende Herausforderung in unserer Zeit der Selbstverwirklichung. Mit Rücksicht machen wir im sozialen Kontext einen Schritt nach vorn, ohne Rücksichtnahme mache nur ich alleine eine Schritt nach vorn.
Respekt …
...vor dem Berg, vor dem Mitmenschen. In jedem von uns steckt ein Berg mit vielen aussichtsreichen Gipfeln, vielen Abgründen, mit sanften Wiesen und unbekannten Winkeln. Bei der Skitour brauche ich Respekt vor dem Berg. Viele Gefahren und Herausforderungen warten auf den Bergsteiger. Auch der Mensch hat viele Facetten, viele bekannte, viele unbekannte. Begegne ich diesen mit Respekt, werde ich viele kennen lernen. Respektiere ich mein Gegenüber nicht, laufe ich Gefahr abgewiesen zu werden.
Selbsteinsätzung …
… kenne ich mich selbst, kenne ich meine Kompetenzen, meine Fähigkeiten? Was kann ich mir zutrauen? Die Selbsteinschätzung hängt immer von meinen Mitmenschen ab. Dabei kann das Selbstbild oft vom Fremdbild abweichen. Die Evaluierung der Selbsteinschätzung muss immer wieder aufs Neue gemacht werden, um sich nicht zu über- oder unterschätzen. Bei der Überschätzung laufe ich Gefahr, leichtsinnig zu werden. Bei der Unterschätzung laufe ich Gefahr überrollt zu werden, von der Lawine oder von meinen Mitmenschen.
Ängste ...
… sind immer präsent. Und das ist gut so. Nimmt man Ängste ernst, können sie ein guter Indikator für bestehende Gefahren sein. Sie funktionieren wie ein Sicherheitsventil. Ignoriere ich die Angst oder negiere ich sie sogar, so zum Beispiel am Berg, kann es lebensgefährlich werden.
Lerne ich Ängste nicht zu filtern, zehren sie die Seele auf. Auch in Beziehungen müssen Ängste ernst genommen werden. Sonst kommt es zum Stillstand.
Isolation …
… von der Gesellschaft. Überschreite ich kontinuierlich die Grenzen, riskiere ich zu viel. Ist mein Risikoverhalten am Berg zu groß, werde ich keinen Partner mehr finden, der mit mir eine Skitour unternimmt. So simpel, wie das im Freizeitbereich ist, so simpel ist es in der Beziehung. Wandle ich dauernd auf dem scharfen Grat, wird mein Gegenüber überfordert. Auf die Dauer ist das eine Sackgasse, die in der Isolation und der Einsamkeit enden wird.
Das Winterbergsteigen und die Beziehung zwischen Menschen sind dem gleichen Credo unterworfen. Das Risikoverhalten eines jeden Menschen beeinflußt dessen Lebensgestaltung. Wird das Risikoverhalten bewußt wahrgenommen, kann es das Leben qualitativ verbessern. Wir das Risiko überstrapaziert kann es lebensbedrohlich werden, körperlich wie psychisch. Den goldenen Mittelweg zu finden, ist eine lebenslange Herausforderung, der wir uns stellen wollen, müssen, können.
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