Abenteuer Wildnis - ein Ort fern des Alltags

Für den Begriff Wildnis gibt es mehrere Definitionen die kulturell und ethnologisch bedingt unterschiedlich ausfallen. Eine mögliche Erklärung bietet uns Wikipedia an: „Als Wildnis wird ein vom Menschen weitgehend unbeeinflusstes Gebiet verstanden, das sich durch naturwissenschaftliche Parameter beschreiben und von Kulturlandschaften, Städten, Landwirtschaftsflächen, Forsten usw. abgrenzen lässt. In diesem Sinne kann man noch rund ein Viertel bis ein Drittel der Landoberfläche weltweit als Wildnis nennen.“ Nach dieser sprachlichen Abgrenzung gibt es in Südtirol nur mehr sehr wenige Landschaftsbereiche, die wir als Wildnis bezeichnen können: z.B. ungangbare Schluchten, hochalpine Gegenden, und ungangbare Berghänge. Der Rest Südtirols ist vom Menschen gemacht oder beeinflusst. Die Forstwirtschaft pflegt unsere Wälder, die Bauern die Kulturgründe und die Almen. Auch das Straßen- und Wegenetz verbindet fast jeden Winkel unserer einmaligen Berglandschaft. Dadurch können wir nach dem oben definierten Begriff Südtirol als Wildnisgebiet fast gänzlich ausschließen.



Doch im pädagogischen Sinn hat Wildnis einen weiter gesteckten Rahmen. Als Wildnis bezeichnen wir Orte und Situationen, in denen wir als Menschen an unsere Grenzen stossen. Und diese Grenzen sind wiederum sehr individuell festgelegt. Für den einen beginnt die Wildnis, wenn er die eigene Wohnung verlässt und für den anderen ist der Dschungel im entlegensten Flecken Afrikas wie eine Stube, die Geborgenheit bietet. Also können wir keinen gemeinsamen Nenner für uns alle festlegen. Vor allem ist Wildnis eine Herausforderung, die uns von unserem Alltag heraushollen kann und und ein Gefühl des Abenteuers für eine begrenzte Zeit bescheren kann. Abenteuer bedeutet dabei, ein Wagnis einzugehen, die „absolute“ Sicherheit unserer Gesellschaft zu verlassen und ungewohnte Herausforderungen anzunehmen. Das kann eine einfache Bergtour sein, oder eine Pilgerreise nach Santiago de Compostela, eine Biwaknacht auf der Villanderer Alm oder eine Nachtwanderung durch einen stockdunklen Wald. Es wäre verkehrt unter Wildnis und Abenteuer nur eine Extremaktion in der Antarktis oder am Mount Everest zu bezeichnen. Die Parameter was wir als Wildnis bezeichnen, können wir für uns selbst definieren. Und dabei gibt es kein wild, wilder, am wildesten, sondern lediglich das festlegen des eigenen Zieles, das ich als Abenteuer Wildnis bezeichnen will.


Wo sind unserer Zivilistation die Grenzen gesetzt und wo beginnt die Wildnis? Ein einfaches Beispiel, wo der Begriff Wildnis voll zutriftt, ist das Erlebnis eines Gewitters im Gebirge. Geraten wir in ein Gewitter, spürt man die unbändige Macht und Wildheit der Natur. Ein Gewitter können wir nicht verhindern. Wir könne es nur durchstehen. Die Energie die bei einem Gewitter entsteht, können wir am eigenen Leib spüren. Gewitter im Gebirge bedeutet Lebensgefahr. Unser Ziel ist es, Schutz zu suchen und uns in Sicherheit zu bringen. Besser als hier können wir die Wildnis nicht spüren. Natürlich müssen wir versuchen zu vermeiden uns in Gefahr zu bringen. Aber dies ist ein entscheidender Teil wenn wir uns der Wildnis Natur aussetzen. Eine gute Planung ist Bestandteil wenn wir das Abenteuer Wildnis angehen möchten. Oder gerade das sich in widrige Umstände aussetzen, ist ein mehrwert der sich langfristig in unser Gedächtnis einbrennt.

Was lehrt uns das Abenteuer Wildnis? Vor allem lernen wir uns den naturgegebenen Herausforderungen zu stellen, sich ihnen auszusetzen und vor allem sich mit ihnen auseinander zu setzen. Wir müssen wieder die Verantwortung für uns selbst übernehmen, und lernen Entscheidungen zu treffen. Wir sind vielfach gewohnt, und da kann sich mehr oder weniger keiner von uns ausnehmen, die Verantwortung über uns abzugeben, entweder der Versicherung, unserem Arbeitgeber, dem Bergführer, dem Lehrer oder der Staatsgewalt. Beim Abenteuer Wildnis bekommen wir die Chance Eigenverantwortung zu übernehmen und über unser Tun selbst zu entscheiden. Die Natur gibt uns dabei die nötigen Rahmenbedingungen. So vielfältig wie sie sich uns präsentiert, so vielfältig sind die Entscheidungen, die zu treffen sind.


Was kann Abenteuer Wildnis noch bewirken? Sind wir mit Gleichgesinnten in der freien Natur unterwegs, und lernen wir die Einfachheit anzunehmen, beschert uns das Abenteuer Wildnis einmalige Erlebnisse, Erfahrungen und Erinnerungen. Geschieht dies in einer Gruppe, geschieht das nach dem alt zitierten Motto: „Teilen macht freude.“ Gemeinsam gemachte Erfahrungen über die wir reden können, haben doppelten Wert. Geteilte Freude ist doppelte Freude. Geleiches gilt für negative Erfahrungen: Geteiltes Leid, ist halbes Leid.

Nach diesem Sinne: Wagen wir das Abenteuer Wildnis, es wir uns reich beschenken, mit Emotionen und einer weitreichenden Gelassenheit.

Dieser von mir gestaltete Artikel ist in der Seilschaft der AVS-Jugend erschienen.

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